Objekt

Archiv-ID:
20122
Objekt:
Taschenbuch / Broschur / eBook
Urheber:
Zeidler, Joh. Gottfried
Titel:
Fliegender Wandersmann oder philosophische Fliegekunst
Datum:
1710
Quelle:
Abschrift aus Paul Kettel lm086
Status:
Auszug
Beschreibung:

S.16: "Wenn man einen solchen Drachen zwanzig oder dreißig mal so groß machten , als sie insgemein sind, und einer hineinkröche, und ihn in der Luft zu schwenken und zu lenken wüßte, es sollte das Gewicht eines Kerls nicht viel austragen. [... S.35ff] Was den Nutzen anbelangt, so würden nicht allein Privatleute mit großem Nutzen sich des Fliegens anstatt des mühseligen Reisens zu Wasser und zu Lande bedienen können. Denn sie würden viel geschwinder fortkommen; vor Feinden, Räubern und wilden Tieren sich nicht zu fürchten haben; nicht so müde werden; nicht umwerfen noch sich abwerfen lassen wie im Fahren und Reiten; einander besser ausweichen können als zu Lande; große Kosten, so man sonst auf Pferde, Wagen und Schiffe wendet, auch teure Zehrung ersparen; die Ihrigen zum öftern besuchen; ihren Feinden leicht entgehen. Handel und Wandel könnten weit bequemer, als auf der Achse und zu Schiffe fortgesetzt werden; ganze Nationen sich wie die Störche und Schwalben durch dieses Mittel des Winters in warme Länder begeben; auch könnte man hierdurch alle feindliche Festungen von oben herab mit Feuer etc. zwingen und einnehmen; ja, Deszenten in des Feindes Land ohne Gefahr tun und würde dieses alles vornehmlich demjenigen Potentaten zu gute kommen, in dessen Land diese Kunst erstlich ins Werk gerichtet und eine zeitlang geheim gehalten würde. Betrachten wir aber im Gegenteil allen Schaden, Gefahr und Unglück, so das menschlich verderbte Geschlecht von der Fliegekunst, wenn sie gemein würde, unfehlbar zu gewarten haben würde, so stehen einem billig die Haare zu Berge: denn 1. würden die fliegenden Wandersleut (wenn es gleich fromme Leute wären) in der ungestümen Luft eben keinen Schutzengel bei sich haben, der sie auf den Händen träge, daß sie nicht stürzen, weil die Luft nicht ihr ordentlicher und natürlicher Weg ist, sondern es würde mancher herunterfallen und elendiglich zerschmettert werden, auch andere Leute zugleich mit erschlagen; 2. so würde es auch an Lufträubern und Luftkriegen nicht fehlen, die viel schlimmer sein würden als die zu Lande, indem man sich in der Luft nicht salvieren könnte; 3. man würde dahero stetig streifende Parteien in der Luft mit großen Kosten auch in Friedenszeiten halten müssen; 4. würden wir Europäer über alle vorigen noch mehr Sünden auf uns laden in Bezwingung der bisher unbekannten Länder und Verführung der klugen und frommen Heiden, denn wo wir hinkommen, da ists gut gewesen; 5. wenn alle Schelme fliegen sollten, würden sie von oben herab jedermann schimpfen; mit Dreck und Steinen werfen und wie Tobias seine Schwalbe jedermann, auch Kirchen und Rathaüserdächer mit ihren Unflat bekleckern. Ja, sie würden aus bloßem Mutwillen Feuer ins Getreide, Heuschober und Scheunen werfen u. a. m. Denn wo es so fort gehet, daß die Müßiggänger so geheget werden und man nicht wieder anfangen wird, arbeitsame Leute besser zu belohnen und in großen Ehren zu halten, so werden wir endlich vor Schelmen und Spitzbuben weder gehen noch stehen können, wie wir schon guten Teils erfahren."